Vereinigung der Alt-Hietzinger
81. Ball am 30. Januar 2024

MUSIK EIN LEBEN LANG
HERMANN OBERMAYER
Philharmoniker
(* 29. Juni 1896 Wien, + 7. Jänner 1960 Wien)


Wäre es denkbar, dass aus dem alten Gymnasium des vornehmen Bezirkes nur Ärzte, Rechtsgelehrte und Theologen, nicht aber auch Künstlerpersönlichkeiten und Musiker hervorgegangen wären? Dies ist schwer vorstellbar in einer Stadt der Kunst und der Musik. Der Philharmoniker Hermann Obermayer ist ein Beispiel für eine solche Berufung.
Das Kind wird am 29. Juni 1896 in eine bürgerliche Welt geboren. Sein Vater ist Industrieller, der Bruder des Vaters Gastwirt und Besitzer des "Winterbrauhauses" in der Landskrongasse in der Wiener Innenstadt. Dessen Tochter wird unter dem Namen Rosa Mayreder in dem Erinnerungswerk "Haus in der Landskrongasse" das bunte Leben in ihrem Geburtshaus nachzeichnen. Allabendlich diente es als Treffpunkt Wiener Originale. Noch herrschte der Kaiser über sein Reich, und Hermann Obermayer tritt 1906 in das humanistische Gymnasium in der Fichtnergasse ein. Seine Laufbahn als Schüler wird man wohlwollend als unspektakulär bezeichnen dürfen, Musik, Wiener Kulturszene und die Freuden des Heranwachsens war verlockender als die Übersetzung griechischer Autoren.

Nach Ablegung der Matura zieht der Absolvent direkt von der Schulbank in den Krieg. Er erleidet das Schicksal des Grafen Brühl im "Schwierigen" von Hugo von Hofmannsthal, als er am Isonzo verschüttet wird und in Kriegsgefangenschaft gerät, die er für das Studium der Werke von Arthur Schopenhauer zu nutzen weiss. Er wird, mehrfach ausgezeichnet, 1918 als Leutnant der Reserve in den Frieden entlassen.

Wie in vielen bürgerlichen Familien des alten Wien hatte auch im Hause Obermayer die Musik einen hohen Stellenwert. Die Mutter verfügte über eine herrliche Sopranstimme und war ausgebildete Opernsängerin, doch, der Sitte der Zeit entsprechend, untersagte es ihr der Gatte, ihre Begabung beruflich einzusetzen. Vom Sohne wusste man bald, dass er neben der Liebe zur Musik auch ein absolutes Gehör hatte, und so ließ man ihn, der insgeheim der Salonmusik und dem frühen Jazz zuneigte, Violine studieren. Es erstaunt, wie rasch er dann den Eintritt in das Wiener Musikleben schafft. Schon am 1. Oktober 1921 wird er in das Orchester der Wiener Staatsoper aufgenommen, am gleichen Tag wird er Mitglied der Wiener Philharmoniker. Der junge Musiker mit der Mitgliedsnummer 175 wird ab 1926 die erste Violine spielen.

Die Jahre vergehen am Pult des Orchesters. Hermann Obermayer wird Mitglied der Hofkapelle, er erhält den Professorentitel, den Jubiläumsring und schließlich auch noch das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. Vorangegangen ist dieser letzten Ehrung eine Tätigkeit, die ihm einen Ehrenplatz in den Annalen des großen Orchesters sichert. Im Juni 1952 wird er zum Geschäftsführer der Wiener Philharmoniker gewählt und ist vom Februar 1953 bis zum Dezember 1958 Vorstand des Orchesters. Der Betriebsrat an der Wiener Staatsoper ist ein beredter und erfolgreicher Anwalt der Interessen seiner Kollegen und es gelingt ihm zum Jahreswechsel auf 1955, Willi Boskovsky als Dirigenten der Neujahrskonzerte zu gewinnen. 

Mit Herbert von Karajan verbindet ihn die Liebe zu schnellen Maschinen. Bevorzugte Karajan Rennautos und Flugzeuge, waren es für Obermayer die starken Motorräder, auf denen der Philharmonikervorstand sommers und winters zu seinen Konzerten fuhr, in Lederkleidung, aus der sich dann der standesgemäße Frack schälte. Es ist sicher nur eine Legende, wenn es heißt, dass er Herrn von Karajan ein Motorrad angeboten habe, um ihn zur Rückkehr an das Pult der Wiener Philharmoniker zu bewegen. Sicher war es hingegen sein Verdienst, dass sich erneut ein gutes und vertrauensvolles Verhältnis zwischen dem Orchester und dem großen Dirigenten bilden konnte.

Hermann Obermayer stirbt am 7. Jänner 1960. Es ist ihm nicht vergönnt, die Verbesserung der Pensionsregelung für die Mitglieder des Orchesters für sich zu nutzen, die er erkämpft hatte. Sein Name hat auf einem anderen Gebiet Nachklang erlangt. Der Musiker, der nach Konzerten und Opern im Kaffeehaus Entspannung suchte, hat dem Lieblingsgetränk der Wiener eine neue Variante hinzugefügt. Noch heute kann man in renommierten Kaffeehäusern der Stadt einen "kleinen Obermayer" bestellen. Bei dieser Kaffeezubereitung muss das Kaffeeobers über den umgedrehten Kaffeelöffel in den duftenden Kaffee fließen, um dort fein verteilt einen Film zu bilden. Ein Beitrag zur Kultur der Musik und zur Kultur des Kaffeehauses in einer Stadt wie Wien - kann sich ein Wiener ein schöneres Denkmal wünschen?

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